船越義珍(Funakoshi Gichin, 1868 – 1957), 1924 (Quelle: The Japanese Book „錬胆護身唐手術“ (Rentan Goshin Karate Jutsu) / de.wikipedia.org)

Gichin Funakoshi, Begründer des „modernen“ Karates, wurde 1868 im ersten Jahr der Meiji-Restauration geboren. Im Bezirk Yamakawa-chô von Shuri, der „königlichen“ Hauptstadt Okinawas, erblickte er das Licht der Welt.
Um sich für die Aufnahmeprüfung der Fachschule für Medizin in Tôkyô qualifizieren zu können, fälschte Funakoshi selbst sein Geburtsjahr. Er machte sich zwei Jahre jünger, also gab er dementsprechend als Geburtsjahr 1870 an. Denn laut einer Bestimmung konnten nur diejenigen, die 1870 und später geboren wurden, sich für die Aufnahmeprüfung als qualifiziert betrachten. Daher hatte Funakoshi „keine andere Möglichkeit, als die offiziellen Aufzeichnungen zu fälschen, was damals noch leichter ging, da die Registrierung, so merkwürdig es auch klingen mag, noch nicht so streng war.1
Funakoshi kam als Frühgeburt zur Welt und war deshalb immer etwas kränklich. Daher wurde er auch von seiner Familie besonders umsorgt. Als die Frage aufkam, ob der traditionelle Haarknoten abgeschafft werden sollte, wobei bereits ein „Verbotsgesetz“ dazu erlassen wurde, gehörte Funakoshis Vater Gisu und seine ganze Familie zu dem Teil der Anhänger, die gegen das „Verbotsgesetz“ waren und lieber weiter ihrer Tradition folgen wollten. Funakoshi stammte aus einer Samuraifamilie, und da für diese der Haarknoten standesgemäß zu tragen war, entschied sich die Familie gegen das Verbot des Haarknotens. Doch Gichin Funakoshi entschied sich, entgegen seiner Familie, den Haarknoten nicht mehr zu tragen.
Mit dem Besuch der Grundschule, den er begann, während er bei seinen Großeltern lebte, wurde Funakoshis Lebensweg ein weiteres Mal beeinflusst. Er freundete sich mit einem Klassenkameraden an, welcher der Sohn von Yasutsune Azato war. Dieser war bereits als einer der „größten Experten Okinawas in der Kunst des Karate“ bekannt. Meister Azato beherrschte aber nicht nur das Karate, sondern er hatte auch im Reiten, im Kendô und im Kyudô sehr große Talente, die er auslebte. Die ersten Lektionen bekam Funakoshi durch Meister Azato, der „zu Funakoshis Glück“ auf ihn aufmerksam wurde und ihn unterwies.
Im stillen Dunkel der Nacht verließ Funakoshi (fast) täglich das Haus, um sich auf den langen Weg zu seinem Meister Azato zu machen. Doch durch seine Begeisterung für diese Kunst war Funakoshi dieser Weg nie zu beschwerlich.

Funakoshi trainierte lange in seinem Leben Karate und nach Jahren des Trainings, in denen Funakoshi selbst bemerkte, dass sich zum Beispiel seine Gesundheit sehr verbesserte, dachte er auch darüber nach, das Karate-dô zu seinem Lebensweg zu machen.
Das Karate rettete ihm auch einige Male das Leben, auch wenn er es eigentlich nie für die Offensive gebrauchte.
Nach weiteren Jahren, in denen er weiter selbst trainierte und auch bereits andere trainierte, entschieden sich sogar seine Schüler aus Dank und auch zu „Ehren“ Funakoshis, oder „Shotos“ (Funakoshis Schüler nannten ihn aus Respekt und Anerkennung meist bei seinem Künstlernamen „Shoto“), Geld zu sparen und Funakoshi eine eigene Halle bauen zu lassen. Bei der Eröffnung hing über dem Eingang der Halle ein Schild mit der Aufschrift „Shotokan“ in Kanji, was soviel bedeuten sollte wie „Halle des Shoto“.

1 Zitat aus dem Buch „Karate-Dô – Mein Weg“ von Gichin Funakoshi